Sonntag, 8. Mai 2016
Glück auf zwei Rädern
Ein Gestell auf zwei Rädern.
Weiß und wunderschön.

Den ganzen Winter standest Du da.
In der Garage.
Angekettet an Omas altem Küchenherd.
Und Du hast gewartet.

Milde Luft weht uns entgegen.
Du trägst uns fort. Lautlos. Ziellos.
Auf weichem Waldboden
und hartem Asphalt.

Über uns nur der Himmel.
Mein treuer Freund,
danke für dieses Glück!

Hilda P.


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Freitag, 29. April 2016
Leben im ICE
Großer Bahnhof,
soviel Züge steh'n bereit.
Die Energie scheint grenzenlos,
überall Neuland, endlich ist es soweit.

Erste Klavierstunde,
das Spielen fällt leicht.
Hab' Freude am Lernen,
etwas Theorie noch vielleicht?

Das alte Klavier steht zu Haus,
ein Gutachter, dann der zweite,
es muss wohl raus.

Das Neue fast schon bestellt,
die zufällige Begegnung,
ein Gebrauchtes könnt' her,
fast ohne Geld.

Das Thema Kaffee lässt mich nicht los,
eine elektrische Mühle wär' famos.
Die erste defekt, schnell zurückgesandt.
Neue Gedanken, Gespräche geführt,
die zweite bestellt und hoff', sie funktioniert.

Beim Schwimmkurs vom Sohn
wird nicht ausgeruht,
zum ersten Mal mit Flossen und Brett,
und es geht ziemlich gut!

Um die Kreativität nicht zu vergessen
wird ein eigener Stempel kreiert
und Stoff für die Stola ausgemessen.

Die brauch' ich für's Klavierkonzert.
Man lernt ja auch beim Hören,
wenn der Schmerz das Üben versperrt.

Zwischendurch mal schnell
einen Zahn repariert.
Ein Termin am gleichen Tag?
Kein Problem,
solang die Betäubung funktioniert.

Man wollt' sich auch schon immer
mit digitaler Fotografie beschäftigen.

Eine neue Kamera wär' sicher sehr gut,
das nette Gespräch im Fachgeschäft,
eine durchaus interessante Informationsflut.

Doch alles geht auf einmal so schnell,
mein Leben in Hochgeschwindigkeit.
Ein bunt rasendes Gedankenkarussell.

In hohem Bogen fällt das Handy aus der Hand.
Glasfront defekt.
Hast es wohl schneller die Situation erkannt?

Das Singen macht natürlich auch sehr viel Spaß.
Man lernt Tönen und Atmen,
was man zwischendurch sogar schon vergaß.

Jetzt steht nur noch der Feldenkraisworkshop an,
nächste Woche Taichi.
Ob ich das noch kann?

Langsam wird's seltsam oben im Kopf.
Ich brauch' eine Pause,
wo ist der Knopf?

Und ich wünsch' mir zu meinem Glück
einfach nochmal den Bummelzug zurück!

Hilda P.

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Donnerstag, 28. April 2016
Blitzgewalt und Donnergetöse
Flutlichthell sekundenschnell.
Gefolgt von Beben
in peitschendem Regen.

Der Himmel weißgrau,
Äste erzittern.

Ein Krachen und Poltern,
Eisgebrause.
Blüten und Blätter tanzen umher.

Und plötzlich, als wenn nichts wär',
ein zartes Hellblau am Horizont.

Friedliche Stille, das Prasseln klingt aus.
Frisch erdiger Duft,
verklärte Erinn'rung an tobendes Gebraus.

Kraftvolles Wachstum
darf sich neu entfalten.

Und alles ward wieder
von unsichtbarer Macht gehalten.

Hilda P.


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Montag, 25. April 2016
Steine
Erste Klavierstunde.
Lang ersehnt,
endlich getraut.
Geruch alter Schule,
die Lehrerin lieb vertraut.

Kräftig konzentrierter Anschlag.
Im Kopf tanzt's hin und her.
Die Mitte finden?
Wohl gar nicht so schwer.

Beglückendes Entzücken.
Das Üben fällt leicht.

Doch was ist das?
Abends ein Brennen.
Die Arme schreien auf.

Zaghafte Bitte um Ruhe,
das Gutachten setzt noch eins drauf.

Vorbei schon das Glück,
wieder allein?

Vielleicht. Doch jetzt noch nicht.
Schau' jedem in's Gesicht.

Jedem
einzelnen
Stein.

Hilda P.

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Sonntag, 24. April 2016
Der alte Kirschbaum
Mein Flüchten vor Nachbars Lärm.
Ein Glücksfall.
Der vergessene Balkon.

Den alten Kirschbaum im Blick.
Riesig und stolz.
Dacht', er sei müde,
steht in voller Pracht.

Knorrige Äste, ein Blütenmeer.
Zart wie Seide, engelsflügelgleich.

Bald wird es schnei'n.
Ein Blättertanz im Mai.
Die Steine im Hof weiß betupft.

Steht leise da und lacht mich an.
Jahr um Jahr.
Ich hoff', noch lang.

Hilda P.


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Samstag, 23. April 2016
Eine kurze Begegnung
Ich war auf der Rückreise von einer Woche Sylt-Urlaub und hatte am Bahnhof Hamburg Altona eine gute Stunde Wartezeit. Schwer bepackt mit Reisetasche und Rucksack, noch ein wenig enttäuscht von der Insel und etwas angewidert von dem Dreck und den Zuständen rund um das Bahnhofsgebäude, schleppte ich mich ziellos umher, immer auf der Hut vor eventuellen Handtaschendieben, vor denen ständig gewarnt wurde.

Vor dem Gebäude kam mir ein älterer, hinkender, ziemlich verwahrloster Mann entgegen. Er wirkte kränklich, hatte kaum mehr Zähne und zog sein ganzes Hab und Gut in einem alten Einkaufsroller hinter sich her. Einer von vielen Obdachlosen, ganz normal für dieses Viertel. Er rief mir zu: "Haben Sie ein bisschen Kleingeld für mich?"

Fast reflexartig drehte ich mich um, meinen Geldbeutel herauszunehmen, der Mann fing schon an, sich ironisch zu bedanken und mir einen guten Tag zu wünschen, da wendete ich mich Münzen-suchend an ihn und musste zu meinem Beschämen feststellen, dass ich ihm nur wenige Cent-Stücke geben konnte, nicht mal einen Euro insgesamt. Ich hatte nur noch große Scheine und das schien mir in der Situation damals unpassend.

Ich reichte ihm das Kleingeld mit der Entschuldigung, dass ich nicht mehr hätte. Da strahlte er mich schelmisch an und sagte: "Ich hatte Sie ja schließlich nicht nach ihrer Kreditkarte gefragt!" "Der war gut!" stieß ich hervor, und wir mussten beide so herzhaft lachen, wie ich während des ganzen Urlaubes nicht gelacht hatte.

Ich sah in zwei unglaublich blaue Augen, klar und tief wie ein Bergsee, und in diesem Moment begriff ich, dass wir alle gleich sind, alle von einer Quelle stammen und ganz tief drinnen miteinander verbunden sind.

Wir verabschiedeten uns herzlich - noch immer grinsend - er schlurfte davon, ich stieg in meinen ICE und suchte den reservierten Sitzplatz in der ersten Klasse.

Diese klaren blauen Augen jedoch werde ich nie vergessen.

Hilda P.


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Dienstag, 19. April 2016
Nichtstun
Ein Schwimmbad hinter mir.
Leer. Unbenutzt.

Hohe Berge im Blick. Schneebedeckt.
Von Sonne beschienen.
Unbewandert.

Verträumte Wälder vor der Haustür.
Am rauschenden Bach.
Unbegangen.

Die Liege im Wintergarten.
Stechende Hitze auf meiner Jeans.
Ein Buch neben mir.
Ungelesen.

Kühlender Schatten.
Ein frischer Schluck Wasser.
Oh fremdes Nichtstun.
Hast mich gefunden.

Hilda P.


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Montag, 11. April 2016
Für Maximilian
Mein lieber Schatz

Darf ich Dich noch so nennen?
Mit fast zwanzig, ein Riese neben mir.
Der Start war für uns beide ziemlich schwer.

Du bist so anders. Und doch ganz normal.
Brauchst Liebe und Wärme. Ein Zuhause.
Brauchst Regeln und Freiheit. Ganz viel Vertrauen.
Und zwischendurch Pause.

Du hast so viel schon gelernt, gibst nie auf.
Du hast 'nen eigenen Kopf, sagst, was Du willst.
Ich bin stolz drauf.

Ich will Dich beschützen, ein Leben lang.
Doch muss ich Dich gehn lassen,
Du spielst Deinen eigenen Klang.

Ich werd' für Dich da sein, wenn Du mich brauchst.
Ich weiß nicht, was Du denkst, wenn Du mich
manchmal so anschaust.

Ich hoffe nur, Du bist glücklich in Deiner Welt.
Danke, dass es Dich gibt. Bist ganz genau richtig.
Du bist mein Held!

Mama

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Samstag, 9. April 2016
Ich hab's schwer
Aussage oder Klagelied?
Nie gesagt. Fühlen verboten.
Ich mir selber. Immer wieder.

Andere haben's schwerer.
Mitgefühl. Kinderleicht.

Ich hab's schwer.
Stimmt eigentlich.
Bald, sehr bald vielleicht!

Hilda P.


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Freitag, 1. April 2016
Loslassen
Verändern wollen.
Sein wollen.
Werden wollen.
loslassen!

Fehler von gestern.
Pläne von heute.
Ziele von morgen.
loslassen!

Gedanken übers Denken.
Reden übers Handeln.
Antworten von andern.
loslassen!

Denken ans Loslassen.
Handeln fürs Loslassen.
Alles Schwere vom Loslassen.

einfach loslassen!

Hilda P.

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